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24.04.2014 02:25 Alter: 9 yrs
Kategorie: Politik
Von: Franz Bludorf

MatRjoschka gegen McDonald's


Ein Kommentar von Franz Bludorf

„Das Bündnis entstand, um die Amerikaner drin, die Russen draußen und die Deutschen unten zu halten.“ So charakterisierte der Brite Hastings Lionel Ismay, erster NATO-Generalsekretär, den Auftrag der Allianz.

Jetzt beging eben diese NATO ihren 65. Geburtstag. Am 4. April 1949 wurde der Nordatlantikpakt unterzeichnet und damit das Erfolgsmodell des Kalten Krieges aus der Taufe gehoben. 65 Jahre - ein Alter, in dem Menschen normalerweise in Pension gehen würden, wenn die Rentenkassen nicht sparen müssten. Auch das nordatlantische Bündnis schien inzwischen längst ein Anachronismus zum Einmotten zu sein. Der Kalte Krieg ist vorüber, der gegnerische Machtblock zerbrochen und zum größten Teil ins eigene Lager übergelaufen. Selbst die durch Wiedervereinigung neu erstarkten Deutschen hatten plötzlich alle lieb. Es gab keine Feinde mehr. Manchmal schuf man sich welche, damit der Schornstein des militärindustriellen Komplexes nicht ganz zu rauchen aufhörte. Dann spielte man irgendwo im Nirgendwo den Weltpolizisten, auf dem Balkan oder in Zentralasien – nicht immer völkerrechtlich abgesegnet.

Und jetzt, da es eigentlich ab auf die Datscha gehen könnte, scheint die NATO ihre Wiedergeburt zu erleben. Putin sei Dank. Nicht dass er etwas getan hätte, was die Amerikaner nicht auch ab und zu täten, wenn ihnen ein strategisch wichtiger Stützpunkt abhanden zu kommen droht. Stellen Sie sich vor, auf der Pazifikinsel Guam würde sich plötzlich der Mob an die Macht putschen und den Gouverneur von Obamas Gnaden verjagen. Die USA würden schneller einmarschieren, als eine Banane zu Boden fällt.

Putin und sein Russland dagegen werden kurzerhand zum Inbegriff vom Reich des Bösen deklariert, so als wäre Ronald Reagan wieder auferstanden. Hätte jemand erwartet, dass Russlands Präsident den Zugang zu seiner legendären Schwarzmeerflotte gefährden würde? Dass er die Kontrolle über die Krim aufgeben würde, seit Ende der Türkenherrschaft ein geradezu ur-russisches Territorium, das lediglich zu Sowjetzeiten von Chruschtschow aus verwaltungstechnischen Gründen der Ukraine zugeschlagen wurde?

Und doch rasselte die NATO mit dem Säbel wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Ständig wurden neue Bedrohungen aus dem Hut gezaubert, die niemand ausgesprochen hatte. Man fühlte sich an die Propaganda des „Antiterrorkriegs“ Bush’scher Prägung erinnert.

Was fürchtet das in Ehren ergraute westliche Bündnis eigentlich so sehr? Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts war man blasiert seiner Doktrin treu geblieben und ließ Russland draußen. Damals, als es schwach war und mit chaotischen und mafiösen Strukturen zu kämpfen hatte. Also besannen sich die Russen unter Putin auf ihre eigenen Stärken.

Die eigentliche „Bedrohung“ des Westens (genauer gesagt: der USA) ist nicht, dass Putin einen dritten Weltkrieg anzetteln würde. Im Gegensatz zu den skandalösen Äußerungen sonst so besonnener Leute wie Hillary Clinton oder Wolfgang Schäuble ist er eben kein Hitler. Es geht darum, dass Putin auf der Suche ist nach einer neuen europäischen Doktrin, bei der die Amerikaner draußen und die Russen drin wären. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie unseren Alt-Bundeskanzler Schröder. Und die Deutschen? Solange sie brav für alles zahlen, mit dem Geld, das sie selbst nicht haben, brauchen sie sich wohl keine Sorgen zu machen.

Quelle: Matrix3000 Band 81