Kategorie: Politik
„Späh-Angriffe“ – Aushöhlung der parlamentarischen Opposition?
Die zunehmende Sensibilisierung der Bevölkerung gegenüber der Ausforschung von Daten durch Geheimdienste, wie sie durch die Snowden-Affäre ans Licht kam, wird jetzt von bestimmten, zumeist rechtsgerichteten Kreisen zu ganz anderen Zwecken instrumentalisiert. Zum Beispiel, um die Rechte der verbliebenen Mini- Opposition im Bundestag weiter auszuhöhlen. So zitierte das Nachrichtenmagazin „Focus“ Sprecher von Polizei und Bundeswehr, die einigen Abgeordneten der Linkspartei „Späh-Angriffe“ im Bundestag vorwarfen. Anlass: Die Abgeordneten hatten offizielle Stellungnahmen der Bundesregierung auf Kleine Anfragen im Bundestag im Internet und der Presse publiziert. Dieser im Grunde ganz normale Vorgang wurde als ein Zeichen gesehen, dass die Linkspartei sicherheitsrelevante Informationen „extremistischen Kreisen“ verfügbar mache.
Bei genauerem Hinsehen erweist sich die ganze Angelegenheit als Seifenblase. Die Abgeordneten hatten nichts „Vertrauliches“ ausgeplaudert, sondern nur Fakten publiziert, die auch auf der offiziellen Internetseite des Bundestages für Jedermann verfügbar waren. Hatte der Bundestag sich also auch selbst ausgespäht? „Focus“ zitiert einen „hohen Staatsschutz-Beamten“ des Bundeskriminalamtes, der „empört“ gewesen sei, dass durch die Veröffentlichung das Anrecht der Bundestagsabgeordneten auf Auskunft missbraucht worden sei.
Gibt es etwa Bestrebungen, aus dem Bundestag einen neuen Geheimdienst zu machen und die dort diskutierten Informationen der Öffentlichkeit vorzuenthalten? Alles natürlich nach gut amerikanischer Nomenklatur „im Interesse der nationalen Sicherheit“? Kritiker vermuten noch ganz andere Ziele hinter der Kampagne. Zum einen werden die verbalen Attacken als Rechtfertigungsversuche gesehen, die Linkspartei wegen ihrer angeblichen Verflechtungen mit „extremistischen Gruppen“ weiter vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Außerdem erhoffen sich in Zeiten der Großen Koalition weite Kreise von Militär, Polizei und Geheimdiensten in Deutschland eine Art Freibrief für ihre Aktionen, da die Oppositionsparteien mit ihren nur etwa 20 Prozent der Mandate praktisch machtlos sind. Doch selbst dieser verbliebene Rest parlamentarischer Kontrolle scheint gewisse Kreise noch zu stören, da aufgrund der Machtverhältnisse Linken- Ikone Gregor Gysi als Fraktionschef der stärksten Oppositionspartei zum Oppositionsführer aufstieg. Die Kritik würde sich demnach weniger gegen die Opposition richten, sondern eher gegen die Regierung, die nach Ansicht der Kritiker das Parlament zu „offenherzig“ informiere.