#MeToo, Jahrgang 1937

Schlagzeile der „Daily Times“ vom 4. 6. 1937 mit dem Foto der jungen Patricia Douglas.

Seit letztem Jahr erschüttert eine Flut von Enthüllungen über sexuelle Übergriffe in den Kreisen der Reichen und Mächtigen die Welt. Doch die plötzliche Empörung hat auch etwas Heuchlerisches. Insbesondere in Hollywood waren solche Dinge seit Jahrzehnten gang und gäbe, nur hat keiner so genau hingeschaut.

Die Sales Convention der MGM-Filmstudios 1937 waren ein Medien-Großereignis. Militärkapellen, Motorrad-Eskorten der Polizei sowie jede Menge Stars aus Hollywood, darunter die Stummfilmstars Stan Laurel und Oliver Hardy. Aber auch unbekannte Filmsternchen, darunter die 17jährige Statistin Patricia Douglas und 120 ihrer Kolleginnen. Man hatte sie eingeladen mit dem Versprechen, es würden Filmaufnahmen gemacht und sie könnten dort essen und trinken, so viel sie wollten. Als sie erst einmal da waren, saßen sie in der Falle. Patricia Douglas wurde von einem angetrunkenen Verkaufsleiter angebaggert, der sie zwang, immer mehr Alkohol zu trinken, und sie schließlich vergewaltigte. Der Fall ging später vor Gericht

Doch die Party war nur eine unter vielen in der sexuellen Ausbeutungskultur in Hollywoods Goldenem Zeitalter. Es war allgemein bekannt. „Ich gebe euch einen guten Rat: Geht zu keiner Party“, warnte Regisseur Sam Wood seine Jungdarstellerinnen. Wenn eine junge Möchtegern- Schauspielerin zu solch einer Party eingeladen wurde, nahm sie es in der Regel als Kompliment. Die jungen Frauen wurden dafür sogar oft bezahlt. Dass sie dafür mehr tun mussten als nur ein hübsches Gesicht zu zeigen, erfuhren sie erst, wenn es zu spät war.

Sofern Frauen damals nicht explizit durch Verträge vor Übergriffen geschützt waren, galten sie als Freiwild. Für die Männer bedeuteten die Parties Entertainment, und dazu gehörten eben auch Frauen. Konsequenzen hatten sie in der Regel nicht zu befürchten. Große Filmstudios wie MGM dominierten den Markt und forderten von ihren Mitarbeitern vollständige Loyalität, von der Haarfrisur bis zur Wahl des Ehepartners. Frauen bildeten in diesem diktatorischen Regime die Unterschicht. Zu ihren Aufgaben gehörte es, „verfügbar“ zu sein. Damalige Hollywood-Stars wie Judy Garland und Loretta Young (die später Beschuldigungen gegen Clark Gable erhob) berichteten erst im hohen Alter in ihren Lebenserinnerungen darüber.

Die meisten Nobodies von Hollywood nahmen es widerstandslos hin und bemühten sich nur darum, für sich das Trauma zu überwinden. Patricia Douglas hingegen ging bis zum obersten Gerichtshof, dann kündigte ihr MGM, auf der Basis einer üblen Verleumdungskampagne, wodurch auch ihr Fall vor Gericht platzte. Eine Karriere in Hollywood machte sie nie mehr.

Quelle: Matrix3000 Band 105

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